Mission im Kongo

 

Das Einzugsgebiet von Kingandu, zu dem heute rund 120 000 Menschen gehören, war bis zur Missionsgründung im Jahr 1929 auf ein unbedeutendes Bambala-Dorf am Zusammenfluss von Yambeshi und Kwenge beschränkt. Es wurde zum Brennpunkt für eine segensreiche Entwicklung.

 

Bereits 1935 zählte man in diesem Gebiet 48 000 Einwohner. Wie auf den Nachbarstationen, so wurden auch hier zunächst Schulen errichtet. Während in Europa der Weltkrieg wütete, konnte in Kingandu das geräumige Patreshaus vollendet und die imposante Paulskirche geweiht werden. Es ging stetig gut voran: 1956 brannte erstmalig elektrisches Licht. Während die Erwachsenen darüber staunten, umtanzten die Schüler mit Freudensprüngen die Lampen, als wären es riesige Glühwürmchen. Bald kam auch fließendes Wasser für Haus und Küche.

von links: P. Georg Kopp, P. Josef Charles (Superior der Jesuiten in Kingandu), P. Richard Ströbele

Die Claretiner kommen

 

Es war zu Beginn des Il. Vatikanischen Konzils 1962, als drei deutsche Claretiner (Pater Georg Kopp, Pater Ernst Blömeke und Pater Richard Ströbele) die Mission Kingandu in der Diözese Kikwit im Kongo übernahmen. Sie war bislang von flämischen Jesuiten und belgischen Schwestern betreut worden. Damit waren ihnen knapp 100 000 Leute anvertraut. Rund 45 000 davon waren Christen. Auf der Station gab es verschiedene Schulen mit insgesamt 1500 Schülerinnen und Schülern. Einheimische Schwestern arbeiteten mit einigen Hilfskräften im Krankenhaus, auf der Ambulanzsta­tion, im Entbindungsheim. Die Knabenschule wurde von einheimischen Brüdern geleitet. Da waren auch die Handwerker, die Katechisten.

 

Bald kamen aus Deutschland ein weiterer Pater und ein Missionsbruder. Doch erst als 1966 zwei Patres die Gemeinschaft weiter verstärkten, konnte die Seelsorge auf den zahlreichen Außenstationen besser organisiert werden: Die Christen in den über 300 Dörfern wurden regelmäßig besucht, die pastoralen Einsätze im Busch draußen intensiviert. Bis dahin gab es nur ein zentrales Katechumenat in Kingandu selbst. Nun ging man dazu über, in dem einen oder anderen Außenzentrum eigene Kurse für die zweijährige Taufvorbereitung zu eröffnen. Das Ergebnis war ein verstärkter Zustrom zur Taufe. Die Neuchristen brachten in ihre Dörfer Schwung und Eifer.

 

Pater Kömm vor der neuen Kirche in Pay, die unter seiner Leitung gebaut wurde (1974)

Die Mission entfaltet sich

 

Zwei Außenposten erwiesen sich als besonders fruchtbar und drängten auf eine größere Entfaltung hin: Mutelo und Pay-Kongila. Ersteres erhielt eine schöne Kirche, die 600 Personen aufnimmt, und ein Häuschen für den Pater. Aus Pay wurde ein Pfarrzentrum mit Kirche, Pfarrsaal, Patreshaus und Schwesternbezirk. Claretinerinnen übernahmen 1975 vielfältige Dienste in der Katechese, in der Höheren Schule, in der Sorge um Kleinkinder und Kranke, sowie in der sozialen Förderung und Besserstellung der Frau.

 

Wachsendes Christenleben

 

Nach und nach bildeten sich im Schoß der kleinen christlichen Gemeinschaften, die für den Aufbau der jungen Kirchen in Afrika kennzeichnend sind, Komitees heraus, überall dort, wo Männer und Frauen bereit waren, ihr Teil an Mitverantwortung zu tragen.

 

Die Legio Mariens, 1966 in Kingandu eingeführt, breitete sich rasch aus und besteht bis heute. In etlichen Dörfern haben die Legionäre wesentlich zur Schaffung eines christlichen Milieus beigetragen. Vielfach übernehmen sie Schlüsselrollen, wie die des Katechisten. Sie machen sich die Nöte der Kranken und Alten zu Eigen. Sie haben maßgeblich mitgeholfen, in den Buschdörfern priesterlose Wortgottesdienste am Sonntag einzuführen und aufrecht zu erhalten.

 

Nach dem Vorbild und Charisma des heiligen Claret zielt die Arbeit und Heilssorge unserer Missionare und ihrer engsten Mitarbeiter in Kingandu vor allem auf drei große Hauptbereiche:

 

  • Verkündigung des Gotteswortes
  • Eucharistie als Herzmitte christlicher Gemeinschaft
  • dienende Liebe zur Besserstellung der Menschen

 

Pater Kopp als Medizinmann im Kongo

Evangelium und Entwicklungshilfe

 

Unsere Missionare in Kingandu machten sich von Anfang an Entwicklungsprojekte zu Eigen. Sie umfassten die Grundschul-Ausbildung im dörflichen Buschgebiet, medizinische Betreuung, soziale Fürsorge bis ins Hinterland, Förderung der Landwirtschaft. Die Mitbrüder haben bei ihrer missionarischen Arbeit den ganzen Menschen im Blick. Sie wollen nicht versäumen, die Voraussetzungen für ein menschenwürdiges Leben schaffen zu helfen, damit das Samenkorn der Frohen Botschaft in fruchtbares Erdreich fallen kann.

 

Primitive Schulschuppen wurden allmählich durch Gebäude aus festem Mauerwerk ersetzt. Das Gesamtgebiet von 4000 qkm wurde in 18 Schuldirektionen aufgeteilt. Nun besteht das Lehrpersonal fast ausschließlich aus einheimischen Kräften. Ist dies nicht ein Zeichen dafür, dass unser Engagement im Schulwesen sich als gelungene «Hilfe zur Selbsthilfe» erweist?

 

Pater James bei seinem Besuch im Kongo (2012)

Für den kranken Menschen

 

Medizinische Betreuung und Krankendienst an der Bevölkerung gehören zu den vordringlichsten Aufgaben. Die Männer-, Frauen- und Kinderabteilung des ärztlich gut versorgten Krankenhauses, sowie das Entbindungsheim sind gewöhnlich stark überbelegt. In der Ambulanz werden an manchen Tagen 500 und mehr Kranke versorgt. Auf ca. 30 Außenposten werden monatlich Mütterberatungen durchgeführt. Vorbeugende Medizin soll den Gesundheitszustand zumal der Säuglinge und Kleinkinder heben, aufbauenden Unterricht in Hygiene, Kinderpflege und Hauswirtschaft geben.

 

Hilfe zur Selbsthilfe

 

Seit dem Konzil hat im Verständnis dessen, was Mission ist und was sie will, nicht nur in Europa, sondern vor Ort bei den Missionaren selbst, ein Wandel stattgefunden. Die anhand des Evangeliums verkündeten Werte sollen sich in begründeter Hoffnung und innerer Befreiung bewähren. In diesem christlichen Sinn wurde im Rahmen des Möglichen Ersatz geschaffen für mangelnde – vom Staat zu organisierende – Infrastruktur von der Postbeförderung bis hin zum Aufbau eines Rinderbestandes und eines großen Silos. Sogar der Unterhalt von Fahrwegen und ein Transportangebot gehören dazu.

 

Nach dem Gottesdienst vor der St. Ignaz-Kirche von Kikwit

 

Der Weg in die Zukunft

 

Unsere Missionare versuchen, die Talente unter den afrikanischen Christen zu entdecken und zu fördern. Für die Eigenverantwortlichkeit der Basisgemeinden werden fähige Männer und Frauen als Katecheten oder als qualifizierte „Animateure“ eingesetzt. Diese rufen zum gemeinsamen Gebet und zu Glaubensgesprächen, bereiten für die Sakramente vor und versuchen, die Totenklage mit christlichen Glaubenselementen zu durchdringen.

 

Seit 1980 haben wir im Kongo nach sorgfältiger Auswahl erste einheimische Kandidaten aufgenommen. 1982 wurde in der Umgebung von Kinshasa, in Mont Ngafula, ein Studienhaus für unsere jungen Mitbrüder aus dem Kongo und anderen afrikanischen Ländern errichtet. Am 15. Juli 1990 wurden die ersten zwei kongolesischen Claretiner zu Priestern geweiht.

 

Schon im Jahr 1994 haben wir in der Bischofsstadt Kikwit eine Pfarrei übernommen und eine neue Niederlassung gegründet. Kongolesische Mitbrüder haben nach ihrer vollen Ausbildung dort einen verheißungsvollen Dienst übernehmen können: Pfarrarbeit, Seelsorge unter den Studenten der Schulen von Kikwit, Betreuung verschiedener religiöser Gemeinschaften. – Seit 2011 steht hier die St. Ignaz-Kirche, die auf Wunsch der einheimischen Mitbrüder mithilfe der finanziellen Unterstützung aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gebaut wurde.

 

1995 schlossen sich die Missionen im Kongo mit denen in Kamerun und Gabun zur „Konföderation der Claretinermissionen im französischsprachigen Afrika“ zusammen, um sich gemeinsam um die Ausbildung der jungen Claretiner zu kümmern und auch Personal für die Missionsarbeit untereinander auszutauschen. Im Juli 2005 wurde diese Konföderation zur „Zentralafrikanischen Delegation“ erhoben und hat damit ihre organisatorische Selbständigkeit erreicht. Ende 2008 zählte sie 61 Patres, 6 Brüder, 60 Studenten und 13 Novizen.

 

Mittlerweile wurde die Delegation aufgrund ihres Wachstums sogar in zwei Delegationen aufgeteilt. Im Jahr 2012 schaute man im Kongo auf 50 Jahre Claretiner im Kongo zurück. Doch auch wenn die Mitbrüder in diesem zentralafrikanischen Land einmal Provinz werden und vielleicht auch Missionare nach Europa senden können, werden sie angesichts der desolaten wirtschaftlichen Verhältnisse wohl noch lange auf Unterstützung aus Europa angewiesen sein.

 

Mehr über unsere Arbeit in der Demokratischen Republik Kongo erfahren Sie unter „Aktuelle Entwicklungsprojekte“.