Weg nach Sri Lanka

 

Zwei Ordensschwestern aus Sri Lanka, die zur Kongregation der Heiligen Familie gehören, besuchten während ihres Studiums in der Universitätsstadt Bangalore in Südindien im Jahr 1976 öfters unser Noviziat Claret Bhavan. Pater Dirnberger, ein Deutscher, war damals Superior und Novizenmeister dieses Hauses. Er fragte die Schwestern oft: „Warum schicken Sie uns nicht einige gute junge Studenten aus Sri Lanka als Kandidaten?“

 

Noch vor dem Bürgerkrieg

 

Der dynamische und energische P. Dirnberger ließ nicht locker und fragte immer wieder. Schließlich schickte er 1978 P. Cyriac Njayarkulam nach Sri Lanka, um dort Kontakt mit einigen Pfarreien zu suchen und eventuelle Interessenten für unsere Gemeinschaft zu finden. Einige Priester und Schwester Angelina von der Kongregation der Heiligen Familie halfen ihm dabei. So konnten im folgenden Jahr einige Kandidaten nach Indien gehen. In Karumathur, nahe der Tempel­stadt Madurai in Tamil Nadu in Süd­indien, begannen sie mit dem Stu­dium.

 

Studenten mit Patres im Jahr 1989

Damals war der ethnische Konflikt zwischen den Singhalesen und den Tamilen in Sri Lanka, der später zum Bürgerkrieg führte, in seiner Anfangsphase, so dass es für die Kandidaten noch möglich war, aus Sri Lanka nach Indien zu gehen und dort ihre Ausbildung zu erhalten. Als sich aber allmählich der Konflikt in Sri Lanka verstärkte und auch Indien in diese Auseinandersetzung mit einbezogen wurde, war es nicht mehr möglich, weiterhin für die Studenten aus Sri Lanka eine Aufenthaltserlaubnis in Indien zu bekommen. Deshalb mussten sie ihr Theologiestudium auf den Philippinen absolvieren.

 

Mission im Kriegsgebiet

Die ersten Anfänge – es herrscht Krieg

 

Weil damals unsere Studenten fast alle aus Jaffna im Norden von Sri Lanka stammten, hatten wir dort 1984 ein Haus gekauft. Diese Stadt, die ursprünglich von der Sprachgruppe der Tamilen bewohnt war, war in dem bewaffneten militärischen Konflikt zwischen beiden Gruppen aber sehr umkämpft. Deshalb konnten wir unser Haus nicht beziehen. Es wurde manchmal von den Regierungstruppen besetzt, dann wieder von den Tamilen. Der General­vikar der Diözese Jaffna hatte aber immer ein Auge darauf, so dass es relativ gut erhalten blieb. Erst 1998 konnten wir dort einziehen und mit der missionarischen Arbeit in dieser Region beginnen. Auch Kandidaten aus diesem Gebiet im Norden Sri Lankas konnten wir aufnehmen.

 

Inzwischen mussten wir nach einer Bleibe für unsere Studenten suchen, die auf den Philippinen mit ihrem Studium zum Abschluss gekommen waren. So entstand 1992 in Welisara-Ragama, einem Ort am Rande der Hauptstadt Colombo, unsere erste Niederlassung, so dass wir mit unserer missionarischen Arbeit in Sri Lanka anfangen konnten. Zuerst war das nicht ganz einfach, weil wir nicht bekannt waren. Durch Aushilfen in umliegenden Pfarreien, durch Vorträge und Einkehrtage konnten wir aber nach und nach Freunde gewinnen.

 

Die Sorge um den Nachwuchs

 

Bald begannen wir auch mit einem Programm zur Berufsweckung und -förderung, besuchten Schulen und Pfarrgemeinden und konnten schon 1993 einige Kandidaten in unsere Gemeinschaft aufnehmen. Für ihre weitere Ausbildung brauchten wir aber eine Niederlassung in der Nähe des Theologenseminars (National Seminary) in Kandy, der bekannten Touristenstadt im Zentrum des Landes, wo in einem berühmten buddhistischen Tempel ein Zahn von Buddha als wertvolle Reliquie verehrt wird. Nach längerem Suchen und vielen Gesprächen erwarben wir dort ein Haus, das nun als Seminar für die Theologiestudenten eingerichtet wurde.

 

In den Teeplantagen

Als uns bald darauf der Bischof von Badulla bat, die Pfarrei Madulsima in den hügeligen Teeplantagen zu übernehmen, konnten wir nicht Nein sagen, da in diesem Gebiet viele der Ärmsten wohnen, die für eine Tagesarbeit beim Teepflücken einen kargen Lohn von ein bis zwei Euro erhalten. Ihnen zur Seite zu stehen, uns für eine gerechte Behandlung einzusetzen, ihren Kindern eine bessere Ausbildung anzubieten, uns um eine solidarische Zusammenarbeit unter den Arbeiterinnen und Arbeitern zu bemühen, ist eine echte missionarische Aufgabe für uns.

 

Als die ersten Studenten ihr Abschlussexamen an den Höheren Schulen machten, musste ein Ort für das Noviziat gesucht werden, wo die jungen Kandidaten in das Wesen und die Grundlage des missionarischen Ordenslebens eingeführt werden. 1997 wurde uns in Ampitiya, etwa 15 km von Kandy entfernt, ein nettes kleines Haus, das sich in einer Anhöhe an einen Berg anschmiegt, zum Kauf angeboten. Dieses Haus erinnerte uns an die kleine Kapelle in der Nähe des Geburtsortes unseres Ordensgründers in Spanien, die der kleine Antonio Claret gern mit seiner Schwester besuchte. Deshalb nannten wir dieses Haus „Fussimanya“, so wie die kleine Kapelle in Spanien hieß. Am 5. September 1997 konnte die erste Gruppe der Novizen in dem kleinen abgelegenen Haus, in sehr einfachen Räumlichkeiten mit dem Probejahr für den Eintritt in unsere Ordensgemeinschaft beginnen.

Stolzes Klein-Seminar in Kattuwa

Weil die Zahl der Kandidaten dann jedes Jahr zunahm und auch Jungen aus beiden Sprachgruppen als Schüler zu uns kamen, brauchten wir wieder ein Haus, das für die Ausbildung die geeigneten Voraussetzungen bieten konnte. In Daluwakotuwa (heute Kattuwa), 40 km von Colombo entfernt, in der Nähe von Negombo, einer beliebten Touristen­stadt, wo man auch immer viele deutsche Urlauber findet, fanden wir eine solche Möglichkeit. Am 12. März 2002, wurde es vom Erzbischof von Colombo eingeweiht und eröffnet. Die Schüler besuchen verschiedene Schulen in der näheren Umgebung – singhalesische oder tamilische, katholische oder freie Schulen. Wir bemühen uns, entsprechend der Begabungen und der schulischen Voraussetzungen der jungen Kandidaten die richtige Schule zu finden.

Hat sich einen Namen gemacht: Der Claretiner-Verlag

 

 

 

Für Frieden und Gerechtigkeit

 

Vielfältig sind die missionarischen Aufgaben, die wir in Sri Lanka inzwischen übernommen haben. Die Verkündigung des Wortes Gottes, der Dienst des geschriebenen Wortes durch den Claretiner Verlag und die Claret-Buchhandlung (Claretian Publication), die pastorale Arbeit mit den meist sehr armen Teeplantage-Arbeitern in den Bergregionen, die schulische Ausbildung der Kinder dieser Regionen, die Seelsorge in den verwahrlosten Teilen der Großstadt Colombo, die Einführung und Betreuung der kleinen christlichen Basisgemeinschaften, die Jugendarbeit in den Schulen und die Sorge für Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen, insbesondere auch von Bürgerkriegsopfern, sind unsere bevorzugten Arbeitsfelder. Ein Mitbruder ist zudem seit drei Jahren der Landeskoordinator für ASIPA, einer Institution, die sich für den Aufbau von kleinen Basisgemeinden in ganz Asien engagiert. Unseren Claretiner-Verlag gibt es schon seit 1993, und er hat sich einen Namen gemacht – auch durch die Herausgabe eines Bibel-Tagebuches in den drei Landessprachen: Englisch, Singhali und Tamil.

VAROD - Claretiner kümmern sich um Bürgerkriegsopfer und Menschen mit Behinderungen

 

 

Große Sorge bereitet uns die soziale und politische Situation des Landes. Der seit Mai 2009 offiziell für beendet erklärte Krieg zwischen der tamilischen Befreiungsorganisation, die für einen eigenen Tamilienstaat gekämpft hat, und der singhalesischen Regierungsarmee hat tausende Opfer unter der Zivilbevölkerung gefordert. Mit verschiedenen konkreten Projekten in unserer neu gegründeten Organisation VAROD („Vanni Rehabilitation Organization for the Diferrently Abled“) versuchen wir den Überlebenden zu helfen, den traumatisierten Kindern, den Verwundeten und Invaliden, den Waisenkindern, Blinden und Behinderten, etc.

Vergangenes hinter sich lassen und gemeinsam in die Zukunft gehen - nur ein Traum?

Das Schlimme an der Situation ist, dass es kaum eine Hoffnung auf eine politische Lösung gibt, die ein gerechtes und friedliches Zusammenleben von Singhalesen und Tamilen garantieren könnte. Es ist unsere Herausforderung, dass wir unseren Mut und unsere Stärke angesichts all dieser Widrigkeiten nicht verlieren und weiterhin Boten der Guten Nachricht von Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung sind in einem Land, das durch Krieg und ethnischen Konflikt gespalten ist.

 

Mehr über unsere Arbeit in Sri Lanka erfahren Sie unter „Aktuelle Entwicklungsprojekte“.

 

Weitere Photos finden Sie am Ende der Kurzvorstellung unserer Mission in Sri Lanka, unter„Deutsche Provinz der Claretiner“.