Pater Rhoel Gallardo — Ein „Märtyrer für den Frieden“

Die dramatische Geschichte und die schrecklichen Ereignisse, die zum Martyrium des Paters Rhoel am 3. Mai 2000 geführt haben, vergleichen die Mitbrüder auf den Philippinen mit dem Leidensweg Christi. „Das Martyrium ist ja die Krönung des Priestertums“, behauptet ein philippinischer Priester.

 

Das Martyrium des Paters Rhoel Gallardo und der anderen Opfer der Geiselnahme war ein langer Leidensweg. Am 20. März 2000 überfielen Rebellen der Gruppe Aby Sayyaf (Schwert des Herrn) die Claret-Schule in Tumahubong auf der Insel Basilan im Süden des Archipels und nahmen wahllos 27 Lehrerinnen und Lehrer, 25 Schülerinnen und Schüler, sowie den Claretinerpriester Rhoel Gallardo fest.

Die Täter gehörten einer Rebellengruppe an, die mit brutalen Mitteln um einen eigenen islamischen Staat im Süden der Philippinen kämpfte. Auf dem Archipel der Philippinen haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten Entführungskriminalität und Glaubenskämpfe durch muslimische Gruppen verschärft. Das Geiseldrama auf der Insel Basilan ging am 3. Mai zu Ende, nachdem das philippinische Militär mit Gewalt eingriff. 15 Geiseln konnten sofort befreit werden, vier von ihnen wurden verletzt. Aber Pater Rhoel Gallardo und sechs Geiseln fanden den Tod.

Den Zeugnissen der Lehrerinnen und Lehrer der Claret- Schule in Tumahubong folgend, hatte Pater Rhoel Gallardo vor den Ereignissen im März 2000 Abschied genommen, ohne zu wissen, dass es für immer war: „Nach unseren Exerzitien in Bunguaio (Zamboanga City) und unserer Lehrerkonferenz in Dava City im letzten Januar zeigte sich Pater Rhoel im Umgang mit uns Lehrern herzlicher und persönlicher als sonst“. „Er war anders als früher.“, erinnert sich eine Lehrerin der Claret-Schule.

Auch seine Mitbrüder bemerkten seine Veränderung und erinnerten sich an eine packende Ansprache: „Er erzählte uns von den Schwierigkeiten eines Missionars in dieser gefährlichen Mission auf den Philippinen. Er sprach über Freuden und Leiden eines Pfarrers und Schuldirektors. Er erzählte mit einer Begeisterung, so dass wir beim Zuhören mitgerissen wurden. Ich habe ihn nie zuvor so glücklich und so begeistert erlebt […].“ Sein Provinzoberer fragte ihn scherzend: „ Was wäre, wenn Du entführt würdest?“ Er zuckte mit den Schultern, setzte sein typisches Lächeln auf und meinte: „Ach, das gehört zur Mission!“ Vor seiner Rückkehr nach Basilan fuhr er zu seiner Familie nach Hause. Seine Mutter wird nie vergessen, wie innig er sie umarmte. Es war ein Abschied auf Erden für immer. 

„Eure Kreuze haben Basilan geschändet“, warf Abu Sayyaf seinen christlichen Geiseln vor. Zeitzeugen waren der Meinung, dass die Entführer davon überzeugt waren, einen heiligen Krieg zu führen, weil die Regierung und die Christen sie unterdrückten. Sicher war einer der Hauptgründe für ihre Entführung, weil die Geiseln Christen waren.

Abu Sabaya, einer der Führer im Terroristencamp Abdurrazzak holte Pater Rhoel am ersten Tag zu sich und fragte ihn aus. Er wollte wissen wie die Claretiner nach Basilan gekommen waren und was sie auf dieser Insel treiben. Pater Rhoel antwortete auf jede Frage von Sabaya. Er versuchte, ihm klarzumachen, dass die christlichen Missionare Muslime und Christen in gleicher Weise unterstützen, ohne irgendeinen Unterschied zu machen. Plötzlich sagte Sabaya: „Ich war früher Student der Claretinerschule in Isabela (Hauptstadt von Basilan). Ich half beim Bau auf dem Monte Santo, dem Heiligtum mit dem großen Kreuz auf einem der Hügel der Stadt Lamitan. Aber ich bedauere und bereue heute, dies jemals getan zu haben. Jetzt möchte ich alles dem Erdboden gleichmachen. Dieses Land gehörte früher uns Muslimen. Jetzt werden wir von der Insel verdrängt. Sogar unsere Religion verliert ihren Einfluss. Und das alles wegen euch Christen. Eure Schule haben unsere Kinder verdorben. Schau doch nur, wie sich junge Muslime kleiden. Ihr habt sie mit euren verkehrten Ansichten beeinflusst. […]“. Pater Rhoel und die anderen Geiseln wurden also Opfer von Menschen, die der Meinung waren, dass ihre Existenzen und Ansichten durch das Christentum und durch den Einfluss westlicher Werte bedroht waren.

Während ihrer Geiselhaft im Camp Abdurrazzak waren die Geisel nie ausreichend verköstigt. Sie bekamen nur unregelmäßig etwas zu essen. Als das philippinische Militär Rettungsversuche begann und die Rebellen vor ihm fliehen mussten, trieb man die Geiseln in den Dschungel, wo alles noch schlimmer wurde. Sie fanden noch kaum Nahrung und Wasser.

Die Nachricht der Entführung löste auf dem Archipel einen tiefen Schock aus. Aus Mitleid und Sympathie schickten viele Menschen, unter denen Schulkinder und religiöse Gemeinschaften waren, Bittschreiben an die Entführer.

Überlebende der Geiselnahme berichten wie Pater Rhoel versuchte in den schwierigsten Momenten die anderen Geiseln aufzumuntern. Er bestärkte sie und gab ihnen Hoffnung in ihrer Verzweiflung: „Wir stecken hier fest, was können wir sonst noch tun? Werdet nicht müde zu beten und zu hoffen. Ihr werdet sicher bald befreit“. Den Mutlosen und Verzweifelten hörte er aufmerksam zu und erkundigte sich nach ihrem Kummer.

Es war am Karfreitag, als das philippinische Militär Rettungsversuche begann. Der Tod stand den Geiseln vor Augen aber Pater Rhoel erschien ihnen wie ein Hoffnungszeichen. Vierundvierzig Tage nach der Entführung der Geiseln fand man einige Leichen. Pater Rohel starb mit drei Gewehrschüssen in Kopf, Schulter und Rücken. Beamte und Gerichtsmediziner bestätigten, dass man ihn vor dem Tod gefoltert hat. Etliche Nägel wurden ihm aus Fingern und Zehen gewaltsam herausgerissen.

An seiner Trauerfeier nahmen Tausende Einwohner der Insel Basilan teil. Hunderte Menschen kamen zur Pfarrkirche „Sankt Antonius Maria Claret“ in der Stadt Zamboanga, um den Ermordeten die letzte Ehre zu geben. Für die Menschen auf Basilan starb Pater Rhoel für den Frieden. Für die Gläubigen der Kirche starb er für den Glauben.

 

Für die Menschen in aller Welt ist er ein Zeuge des auferstandenen Christus.

 

 

 

Quelle: Die Kreuze stehen noch auf Basilan. Der Kreuzweg von P. Rhoel Gallardo und anderer Geiseln auf den Philippinen. Claretian Publications (2000)