Claretiner-Missionare: "Die Liebe Christi drängt uns."
Claretiner-Missionare: "Die Liebe Christi drängt uns."

Maria - durchsichtig auf Gott hin

 

Es können Kinder sein, durch die etwas durchleuchtet vom Entwurf Gottes, von der Freude Gottes am Menschen. Wir ahnen dabei: So hat sich Gott den Menschen gedacht. Es können erwachsene Menschen sein, die eine besondere Ausstrahlung haben. Sie sind, ohne es angestrengt zu wollen, ein Hinweis auf das lichtvolle Geheimnis Gottes. Es können ältere Menschen sein, aus deren Gesicht etwas von der Schönheit, von der Weisheit, von der Güte und Milde Gottes strahlt.

 

Verborgene Lichtquelle für alle liebenswerte Ausstrahlung von Menschen ist Gott selbst. Er hat den Menschen als sein Ebenbild entworfen und somit transparent für ihn. Uneingeschränkt durchsichtig auf Gott hin ist Maria, die „neue Eva”, die „Schönste von allen”, wie sie ein Kirchenlied besingt.

 

Maria lebt nicht aus ihren eigenen Erwartungen, Plänen und Wünschen. Sie lebt allein aus dem Willen Gottes und aus seinem schöpferischen Geist. So kann das, was Gott mit uns vorhat, durch Maria aufleuchten und durch sie sichtbar werden. Das gilt für alle Glaubensgeheimnisse, die das Leben prägen. Ihr Leben ist Anruf Gottes und Antwort darauf. In ihr wurde das Wort Gottes Mensch. Welch unsagbare Freude muss sie erfüllt haben, als sie spürte, was ihr Ja-Wort zu den Plänen Gottes bewirkte. Aber auch Stationen leidvoller, schmerzlicher Erfahrungen blieben ihr nicht erspart, bis sie den Sieg Gottes erleben durfte über das Dünkel von Leid und Tod in der Auferstehung ihres Sohnes. Mariens Magnifikat ist in österliches Licht getaucht. Für sie ist Gott der Große, der Herrliche, der aus allem Erniedrigenden Befreiende.

 

Feinfühlende Spurensuche nach dem Geheimnis Gottes in unserem Leben in der Orientierung an Maria, dem „Urbild des glaubenden Menschen”, wird immer leiden an dunklen, undurchsichtigen Plänen Gottes. Auch an dem, wie Menschen im eigenen Leben und im Leben anderer seine Gedanken und Pläne durchkreuzen. Und wie oft tun wir es selber!

 

Solche Spurensuche wird aber auch zu beglückenden Erfahrungen führen, zur erleuchtenden Erkenntnis: Alles in meinem Leben ist durchstrahlt von Gottes Gnade und Liebe, von seinem machtvollen Wirken. Und wenn immer wieder düstere Wolken aufziehen? „Selbst die dunkelste Wolke hat eine Sonnenseite”, las ich auf einer Spruchkarte. Nur eine tiefe Glaubenserfahrung kann die Augen des Herzens öffnen für eine solche Sicht. In unserer Pfarrkirche in Lüdenscheid wird Maria in ihrer Verherrlichung als Königin dargestellt in einer farbenprächtigen, eindrucksvollen Rosette über dem Haupteingang der Kirche. An manchen Tagen leuchtet die Sonne für einige Zeit direkt durch diese Rosette hindurch und erfüllt den ganzen Kirchenraum mit wohltuendem Licht. Dieses Bild vor Augen und in meinem Herzen erschließt mir eine vertieftere Betrachtungsweise des Lobpreises, der Maria gewidmet ist in der Liedstrophe:

 

„Du strahlst im Glanz der Sonne
Maria, hell und rein;
von deinem lieben Sohne
kommt all das Leuchten dein.
Durch diesen Glanz der Gnaden
sind wir aus Todes Schatten
kommen zum wahren Schein.”

 

Über die letzte Zeile bin ich gestolpert, bis mir klar wurde: „kommen” ist eine dichterische Abkürzung von „gekommen”. Der „wahre Schein” meint wohl den wahren Lichtschein, in dem sich unser Leben seit der Auferstehung Jesu bewegt. So will diese Liedstrophe uns alle ansprechen. Wir alle sind berufen, mit unserem Leben – wie Maria – glaubend, hoffend, liebend durchsichtig zu sein auf Gott hin und seinen schöpferischen Geist, durchsichtig auf Jesus Christus hin, den Auferstandenen.

 

P. Otto Weber CMF

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